Der Helmholtzplatz
Der Helmholtzplatz liegt im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg. Der Kiez um den Helmholtzplatz ist geprägt von einer dichten gründerzeitlichen Bebauung. Die Bausubstanz wurde in den letzten Jahren allmählich saniert, so dass heute ein Großteil der Häuser renoviert und modernisiert ist. Der Stadtteil hat durch die politische Wende 1989/90 einen großen Bruch erlebt, nicht nur städtebaulich. Viele, die 1989 im Kiez gelebt haben, wohnen heute nicht mehr hier, möglicherweise, weil für sie die Mieten zu hoch wurden oder sie in grünere Bezirke ziehen wollten. Hinzugezogen sind viele junge Leute aus Ost und West, die am neuen "Szenebezirk Prenzlberg" teilhaben möchten.
Helmholtzplatz mit Platz- und Trafohaus |
Verständigungsschwierigkeiten zwischen den alten und neuen BewohnerInnen bilden ein Problem des Kiezes; die wenigen Grün- und Erlebnisflächen ein anderes. Der Helmholtzplatz ist die einzige größere Grünfläche des Kiezes. Er ist grob in drei Bereiche unterteilt: Einen Spiel- und Sportbereich für Kinder und Jugendliche, einen Piazza-ähnlichen Freibereich und einen Parkbereich mit Rasenfläche und Anpflanzungen. Alle Bereiche durchziehen Wege, an denen zahlreiche Bänke stehen.
Vor etwa vier Jahren wurde das "Quartiersmanagement Helmholtzplatz" eingerichtet, welches dazu beitragen soll, die Lebensqualität des Kiezes zu verbessern. Ich bin eng mit dem Helmholtzkiez verbunden, weil ich Mitte der 90er Jahre dort mehrere Jahre gewohnt habe und seit letztem Sommer wieder wohne. Der Helmholtzplatz ist somit mein fast täglicher Beobachtungsort. Dort treffen sich, speziell auf dem Freibereich in der Mitte des Platzes, in der Regel etliche offensichtlich Alkoholabhängige. Die so genannten TrinkerInnen bilden eine feste Größe auf dem Platz. Unter ihnen geht es manchmal laut und handgreiflich zu, jedoch werden PassantInnen kaum belästigt, weswegen in der Regel eine friedliche Koexistenz zwischen ihnen und den anderen PlatznutzerInnen besteht. Viele scheinen sich untereinander zu kennen. Es sind hauptsächlich Männer im Alter über dreißig. Ich schätze die Gruppengröße auf durchschnittlich zwischen 10-20 Leute. Da sie sich schon tagsüber treffen, ist davon auszugehen, dass die allermeisten von ihnen keine Arbeit haben. Was ein Indiz für zumindest Einkommensarmut sein könnte.
Freiflächen in der Mitte des Helmholtzplatzes |
Ich stellte mir die Frage, nach welchen Äußerlichkeiten wir jemanden als arm einstufen? Ist jemand arm, weil er an der "Flasche hängt"? Ist jemand arm, weil er vielleicht nicht nach meinen Vorstellungen gekleidet ist? Ist schon jemand arm, der mich mit traurigen Augen anschaut? Ist jemand arm, der alleine auf einer Parkbank ein Mittagsschläfchen macht? Heraus kam für mich, dass es nicht nur nicht möglich ist, jemanden nach dem äußeren Erscheinungsbild eindeutig als "arm" einzustufen, auch wenn man glaubt eindeutige Indizien gefunden zu haben, sondern, dass es über die Beobachtung des Äußeren hinaus immer der subjektiven Selbsteinschätzung des oder der Betreffenden bedarf.
Christian Tippe
(Werkstatt "Armutszeugnisse", SoSe 03, WiSe 03/04)